DIY-Halsblei

Einleitendes

Ich hatte schon erwähnt, dass ich sowohl Freitauchen als Hobby betreibe, als auch gelegentlich ein klein wenig Rad fahre. Auch wenn diese zwei Sportarten auf den ersten Blick nicht unbedingt viel miteinander zu tun haben, ergeben sich doch einige interessante Überschneidungen. Beim Freitauchen ist eine gute Wasserlage nicht ganz unerheblich und wenn man das Blei per Gurt um die Hüfte trägt, führt das bei vielen Menschen dazu, dass der Oberkörper Auftrieb hat, während Hüfte/Beine tendenziell nach unten sinken. Ursächlich ist unter anderem die eingeatmete Luft, die sich ja in den Lungen befindet (also recht weit oben).

Die offensichtliche Lösung dieses Problems liegt darin, Blei weiter oben zu tragen. Und zwar um den Hals. Handelsübliche Bleigurte haben sich diesbezüglich als eher ungeeignet herausgestellt. Deshalb haben vor einiger Zeit findige Taucher eine andere Lösung zur Befestigung von Ballast am Hals gefunden - das Halsblei. Meine Variante davon sieht in etwa so aus:

Halsblei 2.5 kg, fertig

Um so etwas selbst zu bauen, braucht man Zeit, und ein paar Kleinigkeiten. Zuerst zu den letzteren:

Ersteres kann man käuflich erwerben (z.B. in Waffengeschäften), Die nächsten zwei Dinge finden sich in meinem Fahrradreparaturfundus, die gegenständlichen Schnallen habe ich bei G. Dieroff Nachfolger e.U. erworben. Die haben dort auch wirklich gute Seile zu einem fairen Preis. Eine kleine Liste an Zubehörhändler Tauchbastelein ist hiermit verlinkt.

Der Schlauch sollte nicht zu alt sein, sonst ist der Gummi spröde und bröselig und die Konstruktion, in die du Stunden deiner Lebenszeit gesteckt hast platzt bei der ersten Gelegenheit, bei der das raus fallende Schrotblei die grösstmögliche Sauerei anrichten kann. Auch sollte der Schlauch von den Dimensionen her in etwa mit der Füllmenge an Blei zusammenpassen. Die üblichen Größen 37-47 mm (1 3/8" - 1.75") sind gut für 1.5-2.5 kg Blei. Jenseits der 2 kg verwende ich meistens 47-57mm (1.75" - 2.125"). Weniger als ca. 1.5 kg Blei ergeben wenig Sinn, und es ist schwierig das dann nicht labbrig hinzukriegen. Über 3.5 kg Blei werden dann konstruktiv eine Herausforderung um die maximal zuträglichen Dehn-, Reiß- und Bruchlasten von Fahrradschläuchen nicht zu überschreiten. Wenn ich Zeit finde schreibe ich ein paar Anregungen in einem 'Halsblei HD' Dokument zusammen (HD wie in Heavy Duty).

Reine Arbeitszeit sind 2-3 Stunden zu veranschlagen, jedoch sollte man mindestens 2 Tage für die Anfertigung veranschlagen. Der Grund dafür sind zum Teil längere Trocknungs- und Aushärtungszeiten. Der Trick um gute Ergebnisse bei der Verarbeitung von Kautschukprodukten, sei es Gummi oder Neopren (Chloroprenkautschuk) bei verklebungen zu erreichen liegt vor allem darin, einfach lange genug zu warten.

Die Zutaten also noch mal in Bildern:

Schlauch, Schnallen, Vulkanisierlösung
alter Fahrradschlauch, Schnallen und Gummilösung
Schrotblei
Schrotblei

Ich verwende hier nicht vernickeltes Blei. Wenn man das Halsblei wasserdicht baut, ist das in Ordnung. Wer im Umgang mit Vulkanisierlösung nicht ganz Sattelfest ist, sollte unter Umständen vernickeltes Blei in Betracht ziehen, da Blei mit Säuren (die im Wasser - sofern nicht destilliert einfach vorhanden sind) recht giftige Verbindungen bildet. Am liebsten bewahre ich Schrotblei in gebrauchten 0.5l PET - Flaschen auf. Im Gegensatz zum 'Nylonsackerl' ist das sehr stabil, es lässt sich gut umfüllen und auch ausgezeichnet abwiegen (die Flasche wiegt leer 23g - das Eigengewicht ist also im Rahmen der Genauigkeit für uns vernachlässigbar).

Ans Werk!

Nachdem ich jetzt genug gelabert habe komme ich jetzt endlich zu den einzelnen Schritten um aus dem losen Haufen an Material ein kompaktes Stück Ausrüstung zu fertigen. Als erstes schneiden wir den Schlauch einige cm hinter dem Ventil durch (nicht zu knapp, wir brauchen die paar cm zum Ventil später noch):

 

Schlauch schneiden

Anschließend schlagen wir das Ende, an dem nicht das Ventil ist ca. 10 cm um und säubern den Schlauch dort auf der Innenseite vom Trennmittel (z.B. mit Schmirgelpapier). Hernach tragen wir auf die angeschliffene Stelle die Vulkanisierlösung auf & lassen das Ganze 2-5 Minuten ablüften.

 

Anschliff Schlauch
Ende den Schlauch umschlagen und anschleifen,
bis das Talkum weg ist

Gummilösung auftragen
Vulkanisierlösung auftragen und
antrocknen lassen

Dann stülpen wir das Ende wieder retour (die Gummilösung ist dann also innen). Keine Angst, wenn man was von der Lösung auf die Finger kriegt, diese ist im allgemeinen nicht schädlich. Es handelt sich dabei einfach um Gummi der durch einen Zusatzstoff (meist Ammoniak in wässriger Lösung) am Ausvulkaniseren gehindert wird. Dieser Vernetzungverhinderer verdampft, und die Gummilösung vulkanisiert fertig und wird zu Gummi. Ammoniak ist zwar ätzend und giftig, allerdings in den Mengen hier unbedenklich. Tausende Radfahrer haben das schon verwendet, mir sind keine Schädigungen durch Vulkanisierlösung bekannt.

Abschließend lassen wir das ganze in aller Ruhe fertig vulkanisieren. Die besten Erfolge werden erzielt, wenn das unter Druck geschieht. Also einfach ein paar schwerer Dinge draufstapeln, oder wie in folgendem Foto mit zwei Holzstücken und zwei kleinen Zwingen zusammenpressen:

 

 

Es hilft einem später, wenn man den Schlauch so verklebt, dass der entstehende flache Bereich quer zu ehemaligen nun ja zerschnittenen runden Form des Fahrradschlauches ist. Der kommt nämlich dann später durch die Verschlussschnallen und es ist wesentlich einfach, das Halsblei schön rund zu kriegen wenn man diese Biegung entlang der ursprünglichen Schlauchbiegung macht.

Auf jeden Fall ist jetzt einige Stunden nichts zu tun. Idealerweise macht man zum Beispiel am folgenden Tag weiter. Dann sollte der Vulkanisierungsprozess wirklich abgeschlossen sein. In der Folge befreien wir den Schlauch von seiner Last und fädeln an diesem Ende die Schnallen auf:

Schlauchenden Vulkanisiert
Leiterschnalle (optional) aufschieben
Verschlussschnalle auffädeln

Und das Ende unter dem Leiterschnallensteg
durchfädeln.

Wenn keine Leiterschnalle verwendet wird, dann das Ende mit ein klein wenig Klebeband vorerst fixieren. Am besten mit einem 1-2 cm langen Streifen, es sollte nur vorerst das Verrutschen verhindert werden, da wir jetzt eine erste Längenvermessung machen werden. Nach Möglichkeit kein Isolierband verwenden - dessen Kleber neigt zum Verschmieren und es bleiben Rückstände am Schlauch, die nicht ganz leicht zu entfernen sind.

Als nächstes legen wir uns die ganze Konstruktion locker um den Hals, und markieren anschließend die Länge am Schlauch bis zum Anfang der Schnalle (einfach den Finger ranhalten, wieder vom Hals nehmen und einen Strich machen). Dann füllen vom Ventilende her die gewünschte Menge Blei ein.

 

Den geplanten Füllstand vom Blei markieren
Blei einfüllen

 

Wir haben jetzt mit ziemlicher Sicherheit 'zu viel' Blei drinnen wie auf dem nächsten folgenden Bild zu erkennen. Am einfachsten kann man das Blei nach unten (unter den vorher gemachten Strich) zu 'stopfen', indem man das Ende am Ventil ein paar mal umschlägt, und den Schlauch ein bisschen anpumpt - die Schwerkraft befördert das Blei dann zuverlässig nach unten. Am Bild habe ich das obere Ende mit einer kleinen Zwinge verschlossen, weil ich eine Hand für den Photoapparat brauchte. Man kann allerdings - sofern man eben die Hand frei hat, den umgeschlagenen Schlauch einfach mit 2 Fingern zusammendrücken. Den Schlauch soweit aufpumpen, bis das Blei unter den Markierungsstrich gesunken ist.

 

Blei ist bis ca. höhe meiner Hand, sollte
runter bis zum Strich (unter dem Flicken)

Lösung:

Schlauch aufpumpen.

Nachdem das Blei hinter der vorhin angebrachten Markierung zu liegen gekommen ist (vgl. nächstes Bild, hier habe das Blei mit einem Bindfaden in Postion gehalten, da ich das Halsblei in statu nascendi des Photos wegen hinlegen musste - kann aber allgemein hilfreich sein) schneiden wir den Schlauch mit gut Überlänge ab (mind. 10 cm hinter der Markierung). Der folgende Arbeitsschritt gleicht dem für das andere Ende: auf links drehen, abschleifen, Gummilösung auftragen, ablüften lassen, wieder zurück klappen und unter Druck vulkanisieren lassen.

Blei ist links vom Faden
Mit Überlänge abschneiden

Das Halsblei ist jetzt fast fertig. (Leiter-)schnalle(n) auffädeln und das vorläufige Ergebnis stolz betrachten. Jetzt anlegen und die Länge genauer einstellen und dabei den Bleischrot so im Halsblei verteilen, dass mehr oder weniger die gewünschte Form entsteht.

[BILDER]

Wenn die Länge passt, die vorstehenden Enden anschleifen, genauso wie den Körper des Halsbleis wo diese Enden zu liegen kommen. Noch mal 2 x ca. 10 cm Schlauch abschneiden und umdrehen (sodass die Seite mit dem Talkum drauf außen ist). Etwas Gummilösung auf die angeschliffenen Enden auftragen und gegen den Halsblei-körper drücken. Ich fixiere die Enden hier immer zusätzlich mit selbstvulkaniserendem Band. Die Schlauchstückchen über die schnallen auf das Halsblei aufschieben, und das ganze noch mal vulkanisieren lassen.

[BILDER]

Wenn man sich jetzt das Ergebnis betrachtet, sollte das Objekt vor einem in etwa einem Halsblei ähneln. Denn wir sind jetzt fertig. Sollte das Objekt vor einem keinerlei Ähnlichkeit mit einem Halsblei haben, so entschuldige ich mich für die offensichtlich missverständliche Anleitung.

Die Kür

Der Fahrradschlauch ist nur bis zu einem bestimmten Grad belastbar. Wenn das Halsblei so wie oben fertiggestellt zum Beispiel herunterfällt, ist es möglich dass der Schlauch platzt und den Bleischrot sehr großzügig in der Umgebung verteilt. Man kann für zusätzliche Stabilität sorgen, indem man aufs das Halsblei Flüssiggummi aufträgt, oder es mit selbstvulkanisieredem Band umwickelt. Ich bevorzuge letztere Möglichkeit, weil ich für erstere offensichtlich zu patschert bin um ansehnliche und stabile Lösungen zusammenzubringen.
Erstere Möglichkeit hätte zusätzlich den Vorteil, dass eben Latex eigentlich fast durchsichtig ist und die Farbe erst mittels Färb- und Zuschlagstoffen erhält (In Fällen von Reifen ist das z.B. Ruß). So wäre es möglich, das ganze UV-Stabil und auch kreativ in anderen Farben als schwarz zu fertigen.

 



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